New Yorkische Reizwahrnehmung
Viele Menschen wie Autist:innen, Menschen mit AD(H)S oder hochsensible Menschen nehmen sensorische Reize sehr viel intensiver wahr, weil sie über keinen „Reizfilter“ verfügen. Ihr Gehirn sortiert die sensorischen Reize nicht aus. Sie leben sozusagen in einem „Reizgewitter“.
Man kann sich das wie eine new yorkische Reizwahrnehmung denken. Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihre Umwelt immer – jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde – so erleben, als ob Sie am Times Square stünden. Sie würden überwältigt durch den sensorischen Reizexzess: die städtische Szene, die chaotische Mischung aus Farben und Texturen, die Kakaphonie (Missklang) von städtischer Geräuschkulisse, zu viele Menschen, helles Neonlicht, sehr detailliert, dramatische Beleuchtung.
Als ich letztes Jahr kurz vor Weihnachten nach New York gereist bin, um meine Tochter zu besuchen, haben mir viele neurotypische Menschen gesagt: „Ja, New York, das ist auch für mich wahnsinnig anstrengend. Dort ist alles so laut und grell! Davon muss auch ich mich erholen!“
Aha, New York scheint also der REIZ-GAU für neurotypische Menschen zu sein. Was aber, wenn es immer – also jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde – wie in New York wäre? Wenn also die Reizwahrnehmung new yorkisch wäre? Horror, sagen Sie? Ja, oft fühlt es sich so für autistische Menschen an.
Der zweiminütige Clip, den ich im letzten Jahr in New York erstellt habe, ist mein Versuch, die sensorische Umgebung einzufangen. Achtung: Es wird entsprechend laut und unruhig.
Das ist Stress pur! Die bewusste Reizwahrnehmung kann einfach nicht abgeschaltet werden. Wenn die sensorischen Reize nicht gefiltert werden, kommt es zu einer Überlastung – deshalb gibt es ja die tolle Erfindung des Reizfilters, über den neurotypische Menschen verfügen. Eine zunehmende Reizüberflutung, die mehr und mehr zur Reizüberforderung wird, fühlt sich in etwa so an:
Veränderte Wahrnehmungsmodalität
Schauen Sie sich die folgenden Fotos jeweils für eine Minute an. Schreiben Sie danach auf, was Sie gesehen haben. Rufen Sie die Fotos wieder auf und zoomen Sie durch die Bilder: Welche Details sind Ihnen entgangen?
Wie haben Sie das Bild in Ihrem Kopf abgespeichert? Als Bild oder in sprachlicher Beschreibung?
Fällt es Ihnen leichter, aufzuschreiben, was Sie gesehen haben, oder tendieren Sie dazu, es aufzuzeichnen?